Annika Falk-Claußen: In der Verschiedenheit eine Einheit

Das griechische Wort Ökumene heißt wörtlich übersetzt „die ganze bewohnte Erde“ und meint die Bemühungen um die Einheit aller Christen weltweit. Ökumene bedeutet die Zusammenarbeit der verschiedenen christlichen Konfessionen und hat seit dem Zweiten Weltkrieg an Bedeutung gewonnen. Protestanten, Katholiken, Orthodoxe, Anglikaner und Freikirchen feiern ökumenische Gottesdienste, Konferenzen und sogar gemeinsame Kirchentage. Ökumene bedeutet auf der einen Seite viel Verbundenheit, auf der anderen Seite in der Verschiedenheit eine Einheit zu sein. Denn die Konfessionen haben unterschiedliche Meinungen und nicht immer wird man sich nach langen Diskussionen einig, hat aber oft ähnliche Ziele.

Martin Affolderbach schildert in seinem einführenden Beitrag unsere plurale Gesellschaft, in der nach dem Zweiten Weltkrieg der Anteil der Christen noch bei 95 Prozent lag, während 2022 nicht mal die Hälfte der Deutschen Mitglied der christlichen Kirchen ist. Er sieht die Aufgabe und das Ziel für die ökumenische wie auch für die interreligiöse Zusammenarbeit, „die Förderung des Friedens und des Gemeinwohls aller klarer zu unterstreichen und auch in der eigenen Gemeinschaft kritisch Position gegen nationale Eigeninteressen, Missachtung von Menschenrechten und Missbrauch religiöser Werte und Überzeugungen zu beziehen.”

Ulrich Heckel geht in seinem Beitrag auf die biblische Begründung für die Einheit der Kirche ein, wo im ökumenischen Gespräch meist zwei Bibelstellen angeführt werden: Eph 4,5 „ein Herr, ein Glaube, eine Taufe“ und das Gebet Jesu, „dass sie alle eins seien“ (Joh 17,21). Er berichtet, dass der ökumenische Arbeitskreis „Gemeinsam am Tisch des Herrn“ klären möchte, „ob sich nicht auch im Blick auf das Abendmahl / die Eucharistie ein gemeinsames ‚Grundeinverständnis‘ herausstellen lässt, das analog zur Anerkennung der Taufe eine wechselseitige Anerkennung der jeweiligen liturgischen Gestalt der Mahlfeier und ihres theologischen Gehalts ermöglicht und damit zur gegenseitig ausgesprochenen Einladung berechtigt.“

Spannend ist auch ein Blick nach Ostdeutschland: Emilia Handke beschreibt, welche kirchlich-kooperativen Alternativen zur Jugendweihe es gibt, da es eine große Herausforderung ist, konfessionslose Jugendliche für die Konfirmandenarbeit zu gewinnen – und beschreibt, welche Rolle konfessionelle Schulen dabei übernehmen.

Über die Geschichte der ersten ökumenischen Brüdergemeinschaft in Taizé berichtet Bruder Raphaël und erzählt, dass ganz unterschiedliche Menschen am gemeinsamen Gebet teilnehmen und die Brüder „in der Überzeugung leben, dass der innere Schatz eines jeden den gemeinsamen Weg bereichert.” Und er beschreibt, dass Gastfreundschaft – für die Taizé berühmt ist – erst angeboten werden kann, wenn eine Gemeinschaft existiert.

Einen etwas provokanten Beitrag hat Bernd Beuscher zu dieser Ausgabe beigetragen und stellt darin die These auf: „Es kommt bei Ökumene nicht darauf an, dass wir alle unheimlich nett zueinander sind, sondern dass wir Gott Gott sein lassen.”

Kilian Deyerl, einer der 13 Delegierten der EKD bei der Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen vor wenigen Wochen in Karlsruhe, erzählt im Interview, was er unter Ökumene versteht, wie er das Zusammentreffen der Christen aus der ganzen Welt emlebt hat und warum manche Kirchen ein Problem mit der Jugendquote beim ÖRK haben.

In unserem „forum” lesen Sie Beiträge über inspirierende Projekte zum Mit- und Nachmachen – vom europäisch-ökumenischen Studienkurs im Studienzentrum Josefstal, über den Jugendkreuzweg bis hin zum Christival, einer ökumenischen Großveranstaltung für Jugendliche. Geschäftsführer Chris Pahl berichtet von den bunt besetzten Vorbereitungsgruppe, bei der man auch mal feststellt, dass man bei manchen Dingen anderer Meinung ist, aber ein gemeinsames Ziel hat.

Für mich heißt es, mich mit diesem Heft bei Ihnen und Euch, liebe Leser*innen, zu verabschieden. Ich stelle mich neuen beruflichen Herausforderungen, kehre zu meinen Wurzeln bei der Tageszeitung zurück und verlasse die Redaktion des „baugerüsts”. Meine Nachfolgerin wird sich in der nächsten Ausgabe bei Euch und Ihnen vorstellen. Herzlichen Dank für die Treue und das Feedback auf die „baugerüst”-Ausgaben.

Ein letztes Mal heißt es für mich: Viel Spaß beim Lesen!

Mehr lesen Sie im bg 4/22