Annika Gramoll/Michael Grunewald: Aufwachsen in der Medienwelt

Sieben Thesen - nicht nur für Kinder und Jugendliche

Sind Daten das Öl des 21. Jahrhunderts, wie Malte Spitz (Bundestagsabgeordneter B90/G) in seinem gleichnamigen Buch fragt? Es wird wohl noch eine Zeit vergehen, bis diese Frage uneingeschränkt bejaht werden wird, wobei die Tendenz absehbar ist. Begriffe wie „Datenspuren“ oder „Datenkrake“ haben sich in den Sprachgebrauch eingebrannt. Auch in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen ist vor allem der Umgang mit neuen digitalen Möglichkeiten  der Kommunikation, Information oder Freizeitgestaltung immer wieder Thema. „Ohne WhatsApp erreiche ich die Jugendlichen gar nicht mehr“, heißt es aus jugendnahen Kreisen. Die Frage ist meist nicht „ob“, sondern „wie“ es gelingen kann, in den Kommunikationskanälen wahrgenommen zu werden.

Als Mitarbeiter*innen in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen haben wir dabei eine große Verantwortung und Vorbildfunktion. Unser Medienhandeln wird wahrgenommen und kann zur Nachahmung führen. Daher ist es unsere Aufgabe, unser eigenes Medienhandeln kritisch zu reflektieren. Das in den Thesen Beschriebene gilt gleichermaßen für uns Erwachsene.

In der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen haben wir auch einen expliziten Bildungsauftrag, der die „einfache“ Begleitung übersteigt. Angebote, die die Möglichkeit bieten, Medienhandeln zu reflektieren, sind für die Kinder und Jugendlichen wünschenswert und notwendig. Dabei ist es wichtig, den Schwerpunkt auf eine angemessene Begleitung zu richten. Darüber hinaus bleibt noch ein dritter, ebenso wichtiger Auftrag: Fürsprecher*in zu sein für diejenigen, die noch nicht für sich selbst sprechen können. In der Mischung dieser drei Aufgaben liegt es an uns festzustellen, worin die Kernaufgabe der Arbeit besteht. Das Aufwachsen in einer mediatisierten Welt hat sich in den letzten 20 Jahren stark verändert. Als Mitarbeiter*innen in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen haben wir diesen Wandel professionell zu betrachten. Im folgenden Beitrag haben wir sieben Thesen formuliert, die wir in die Diskussion einbringen möchten. Wenn nicht anders angegeben, stammen die Zahlen aus der aktuellen JIM Studie 2017 des medienpädagogischen Forschungsverbandes Südwest. In der aktuellen JIM-Studie wurde das Informationsverhalten der 12- bis 19-Jährigen untersucht.


1. Kinder und Jugendliche besorgen sich die Informationen und nutzen die Unterhaltungsangebote, die ihr Interesse wiederspiegeln.

Kinder und Jugendliche waren schon immer pragmatisch. Sie besorgen sich die Informationen und nutzen die Angebote, die ihr Interesse wiederspiegeln. Jugendliche verbringen heute zu 89% täglich Zeit im Internet und informieren sich entsprechend auch über das Medium. So besteht das „größte Informationsbedürfnis der Jugendlichen an Themen, die sie selbst betreffen: 62 Prozent finden es sehr wichtig, bei Problemen, die für sie gerade bedeutsam sind, schnell Bescheid zu wissen. Für mehr als jeden Zweiten ist es sehr wichtig schnell über das aktuelle Weltgeschehen (56%) informiert zu sein.“

Kinder und Jugendliche zeigen je nach Lebens-/ Entwicklungsphase eine Interessenverschiebung. Ältere Jugendliche interessieren sich stärker für Themen wie Beruf, Ausbildung oder Politik, wohingegen Jüngere sich stärker über Sport, Games und Stars informieren. Bemerkenswert  ist, dass Jugendliche, die sich für das aktuelle Weltgeschehen interessieren, ihre Informationen hauptsächlich (53%) aus den Fernsehnachrichten bzw. dem Fernsehen besorgen. 41% nutzen das Internet um informiert zu sein, 19% die gedruckte Tageszeitung und 18% Facebook. Je älter die Jugendlichen werden, desto häufiger verwenden sie das Internet (45%), noch häufiger jedoch das Radio mit 60% (Mehrfachnennungen möglich).

Oftmals gibt es aus Kreisen der Erwachsenen die Klage, dass sich Jugendliche nicht die „für sie wichtigen Informationen“ beschaffen. Hier kommt zum Ausdruck, dass es zum Teil große Differenzen zwischen Informationsbedarfen („darüber müsstet ihr euch informieren“) und Bedürfnissen („das interessiert mich“) gibt, die häufig zu Konflikten, meist im Kontext schulischen oder familiären Lebens, führen.

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