Tobias Faix: Sehnsucht nach Spiritualität und Jugendarbeit als Resonanzraum

Der gesellschaftliche Blick: Sehnsucht SpiritualitätWährend die großen Kirchen jedes Jahr hunderttausende Mitglieder verlieren und wir eine Debatte über die fortschreitende Säkularisierung führen, entwickelt sich parallel dazu eine neue Generation an spirituell suchenden jungen Menschen, die weder an konfessionelle Grenzen, noch an Dogmatiken gebunden sind, sondern bestimmt sind von einer Sehnsucht nach erfahrbarer Spiritualität. Was auf den ersten Blick wie ein Widerspruch aussieht, ist recht einfach zu erklären. Jugendliche suchen in einer immer individualisierteren, pluralistischer und technischer werdenden Welt Halt, Orientierung und das übernatürliche Erlebnis. Dies finden sie immer weniger in den traditionellen Kirchen und Jugendarbeitsangeboten, sondern häufig in einer subjektiven Suche nach dem Sinn des eigenen Lebens.

Viele Jugendliche gleichen dabei eher religiösen Touristen (1), die sporadisch in spirituell erfahrbare Kontexte eintauchen und die Angebote mitnehmen, die ihnen derzeit bei der Lebensbewältigung am nützlichsten erscheinen. Fast alle großen empirischen Studien der letzten Jahre bestätigen diese Entwicklung (bspw. sind 60% der Deutschen nach Zulehner ‚spirituell Suchende‘ - in: GottesSehnsucht - oder der Bertelsmann Religionsmonitor, der die Jugendlichen in Deutschland in zwei Gruppen einteilt: 11% Hochreligiöse & 41% Religiöse).

Dass sich dabei auch das Gottesbild verändert, zeigen die Ergebnisse der letzten Shell Studie, die feststellt, dass noch 26% der Jugendlichen an einen persönlichen Gott, 21% an eine göttliche Macht, nur 27% an keinerlei Gott glauben und 24% nicht so recht wissen, was sie glauben (sollen?). So wie Nathalie, die sagt: „Doch, es gibt auf alle Fälle einen übernatürlichen Gott, der irgendwie da ist. Den kann ich auch spüren, obwohl ich nicht weiß, wie er genau ist.“ Dieser privatisierte Glaube nährt sich aus den subjektiv biographischen Erfahrungen der Jugendlichen, der auch als „religiöse bricolage“ oder „multireferentielle Collage“ bezeichnet wird. Auch wenn ein Großteil der Jugendlichen nach wie vor die kirchlichen Stationen von der Taufe bis zur Konfirmation durchläuft, kommt es zunehmend zu einer Verschiebung von der inhaltlichen Ausgestaltung des Glaubens hin zu einer ganz eigenen Glaubensbedeutung, wie bspw. bei Janine, die sagt: „Ich bin gerne evangelisch, da es eine Konfession der Freiheit ist, in der sich Yin und Yang das Gleichgewicht halten.“ Dabei ist diese spirituelle Suche indifferent, was schon daran sichtbar wird, dass es nicht nur um eine religiöse Sehnsucht geht. (2)

Junge Menschen suchen oftmals das optimale Glück (3), um durch Liebe, Arbeit und Vergnügen das Leben sinnvoll zu gestalten. Zusammenfassend könnte man festhalten, dass jungen Erwachsenen die Frage „Was glaube ich?“ nicht mehr so wichtig ist, sondern eher die Frage „Wie glaube ich?“. Die Sehnsucht nach Spiritualität muss individuell erlebbar sein, subjektiv nachempfunden werden und für die eigene Lebenssituation im wahrsten Sinn des Wortes: Sinn machen. Der biblisch-theologische Blick: Der Mensch als Sehnsuchtswesen

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