Tobias Faix: Wann ist christliche Jugendarbeit erfolgreich?

Zehn Erfolgsfaktoren

„Wann ist christliche Jugendarbeit erfolgreich?“ Das ist eine schwere und komplexe Frage, einige würden wahrscheinlich sogar sagen, dass es eine falsche Frage ist und würden Mutter Theresa zitieren, die einmal sagte: „Gott hat mich nicht dazu berufen erfolgreich, sondern treu zu sein.“ Aber ist vielleicht nicht auch Treue ein Zeichen des Erfolges? Und natürlich wird die „ewige Debatte“ um Quantität und Qualität diskutiert und, dass man den Erfolg erst Jahre später sehen kann. Alles richtig und dann ist da ja auch noch die Frage, für wen es erfolgreich sein soll? Für die Jugendlichen? Die Mitarbeitenden? Die Kirche? Oder gar Gott? Trotz dieser Fragen, möchte ich mich dieser Ausgangsfrage stellen und zehn Faktoren nennen, die eine Jugendarbeit aus meiner Sicht erfolgreich machen.


1. Der biblisch-theologische Faktor: Wenn Jugendarbeit Gott in den Mittelpunkt stellt. Denn Gott unterscheidet eine evangelische Jugendarbeit von anderen guten Jugendarbeiten wie bspw. der Kommune oder der Freiwilligen Feuerwehr. Die gute Nachricht dieses Gottes an uns ist die Tatsache, dass es die Möglichkeit der Versöhnung und somit die Wiederherstellung von Gemeinschaft gibt. Und dies in einer Zeit, wo die kulturellen und sozialen Risse selbst in so einem reichen Land wie Deutschland immer sichtbarer werden und unterschiedliche Gruppen zunehmend exkludiert werden. Jugendarbeit stellt inmitten dieser Verschiebungen einen Raum dar, der nicht durch Abgrenzung gekennzeichnet ist, sondern offen für Menschen unterschiedlicher sozialer Herkunft ist. Daraus folgt eine neue Form von Gemeinschaft, die von der Kraft der erfahrenen Versöhnung lebt und diese wieder weitergeben kann. Sie hat eine Sprengkraft, die die großen Diskriminierungen dieser Welt überwinden kann, wie Paulus an die Gemeinden in Galatien und uns heute schreibt: In Christus gibt es nicht mehr Griechen und Juden (kulturelle Differenzen, Rassismus), nicht mehr Männer und Frauen (geschlechtliche Unterdrückung) und nicht mehr Freie und Sklaven (Ausbeutung durch Ungleichheit), in ihm sind sie allesamt eins, und die großen Ausgrenzungen können in dieser neuen Gemeinschaft überwunden werden.


2. Beziehungen als Schlüsselfaktor: Einer der wichtigsten Faktoren für eine erfolgreiche Jugendarbeit ist meiner Meinung nach Beziehung. Gerade in einer immer technischeren und digitalisierten Welt sehnen sich Jugendliche nach gelingenden Beziehungen. Jugendarbeit muss nicht mit den großen Formaten der Fernsehshows in Konkurrenz gehen, sondern einen Schutzraum für Jugendliche anbieten, in dem sie sich sicher fühlen und in dem Beziehungen untereinander (sowohl zur Peergroup als auch zu den Mitarbeitenden) möglich sind. So wichtig gute Programme und Konzepte für eine gelingende Jugendarbeit auch sind, der Entwicklungsraum für gelingende Beziehungen ist die Grundlage aller Jugendarbeit. Die Basis dafür ist die Annahme, dass Jugendliche als Ebenbild Gottes relationale Geschöpfe sind. Erfolgreiche Jugendarbeit fördert deshalb Beziehungen die mündigen Glauben und aktives Leben positiv fördern.


3. Faktor Offen und Inklusiv: Wenn man diesen beiden kurzen theologischen Überlegungen folgt, kommt man gar nicht umhin, festzustellen, dass ein Erfolgsfaktor evangelischer Jugendarbeit die Offenheit in ihrer ganzen Bandbreite meint. Dies schließt einzelne Zielgruppenangebote nicht aus, sondern möchte die Gesamtheit in Blick nehmen und die Frage stellen, welche sozialen Milieus zum Beispiel nicht gesehen und somit ausgeschlossen werden? Welche Hürden müssen Jugendliche überwinden, um Teil einer Gruppe zu werden (Sprache, Bildung, Kultur etc.)? Diesem Verständnis liegt die Annahme zu Grunde, dass alle Jugendlichen eigene Subjekte sind und somit zum vollständigen Gegenüber werden. Was uns zum nächsten Erfolgsfaktor bringt:


4. Faktor Partizipation: Die Arbeit von und mit Jugendlichen bildet die methodische Mitte einer erfolgreichen Jugendarbeit. Dies bedeutet, dass Jugendliche Dialogpartner*innen und Mitgestalter*innen der Jugendarbeit sind. Jugendarbeit geschieht also vor allem mit den Jugendlichen und wird nicht für sie gestaltet, sondern lebt von ihren Beiträgen. Dies heißt automatisch, dass Jugendarbeit lebensnah und kontextuell geschieht, damit Jugendliche Teil und Gestalter*in der Jugendarbeit sein können. Erfolgreiche Jugendarbeit fördert deshalb immer das Ehrenamt.


5. Persönlichkeitsbildend: Auch wenn die heutigen Übergänge von Kindheit auf Jugend und weiter ins Erwachsensein unscharf sind, können doch charakteristische Aufgaben und Entwicklungen von Jugendlichen identifiziert werden, die typisch für ihre Lebenslage sind. Eine erfolgreiche Jugendarbeit nimmt diese Entwicklungsphase ernst, geht darauf ein und fördert diese Entwicklungen, sowohl in der Persönlichkeitsbildung, dem Denken, der sexuellen Entwicklung, dem Aufbau einer individuellen Autonomie, welche sich im Jugendalter in der Spannung zwischen soziokultureller Selbstständigkeit und relativ starker ökonomischer Abhängigkeit bildet. Dies gilt auch für die Glaubensentwicklung, wo gültige religiöse Vorstellungen kritisch hinterfragt werden und sich ein eigenes individuelles Welt- und Glaubensbild entwickelt. Dies gilt auch für die Lebenswelt, in der Jugendliche heute aufwachsen, die geprägt ist von den großen Transformationsprozessen wie Globalisierung, Digitalisierung oder Pluralisierung. Dies bedeutet, dass Jugendliche in einer Gesellschaft aufwachsen, in der unterschiedliche Weltanschauungen und religiöse Traditionen gleichwertig nebeneinander stehen. Jugendarbeit fördert durch die Auseinandersetzung mit anderen Glaubensformen die eigene Entwicklung und Identität der Jugendlichen. Dies impliziert den nächsten Erfolgsfaktor:

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