Johanna Haberer: Wie über Ostern sprechen?

Gedanken einer Predigerin

Will man Paulus glauben, dann entscheidet die Frage, wie wir über Ostern und die Auferstehung sprechen über das Ganze des christlichen Glaubens.
Wenn wir Prediger sonntags auf die Kanzel steigen, wenn wir ein Mikrophon aufmachen, wenn wir im Namen der Kirche – wo auch immer – die Stimme erheben, spielentscheidend ist die Auferstehung. Wie wir über Ostern reden entscheidet, ob wir Scheiße reden oder Gold. Paulus schreibt in seinem Brief an die Philipper:
Ja, ich erachte noch alles für Schaden gegen die überschwängliche Größe der Erkenntnis Christi Jesu, meines Herren, um welchen willen mir das alles ein Schaden geworden ist, und achte es für Kot – übersetzt Luther etwas vornehmer – auf dass ich Christus gewinne“. (Phil.3,8)


Christus ist der Ehrenname des Auferstandenen Jesus 

Und wir lesen in 1. Korinther 15 Vers 14ff: „Ist aber Christus nicht auferstanden, so ist unsere Predigt vergeblich, so ist auch euer Glaube vergeblich.“
Und ein wenig später: „Ist Christus aber nicht auferstanden, so ist euer Glaube nichtig, so seid ihr noch in euren Sünden, so sind auch die, die in Christus entschlafen sind verloren. Hoffen wir allein in diesem Leben auf Christus, so sind wir die Elendesten unter allen Menschen“
Paulus meint also, wenn Christus nicht auferstanden ist, ist alles, was wir reden Scheiße und wir machen das Leben der Menschen mit unseren Reden über die Welt nicht besser, sondern nur immer noch schlechter und schwieriger.
Christus ist der Ehrenname des Auferstandenen Jesus. Von ihm bekennen wir, dass er gestorben ist, durch die Hölle gegangen, auferstanden und aufgefahren ist. Und wir bekennen, er sitzt in diesem Augenblick, wie lange vor der Zeit und lange nach der Zeit zur Rechten Gottes und zugleich ist er unter uns - hier und jetzt und heute.
Drunter können wir`s nicht machen.

Man sollte genau und ehrlich sein, wenn man über Christus redet und man sollte persönlich werden. Denn, wer über das Herz des Glaubens und der Predigt sprechen will, muss über das eigene sprechen. Auch da geht es nicht kleiner.
Die Wahrheit ist immer konkret, heißt ein Satz aus dem Journalismus. Ich denke dies stimmt. So bleibe ich, was die Predigt über Ostern betrifft, erst einmal bei mir.
Ich bin 62 Jahre alt. Ich gehöre zu dieser etwas inhaltsleeren Generation, zwischen den Achtundsechzigern und den Ökos. Wir mussten oder wollten nicht mehr demonstrieren. Uns beschäftigte in den ausgehenden Siebzigern der Terrorismus, den die Achtundsechziger auch hinterlassen hatten. Wir ernteten die Früchte der 68-er, dieser größten Kulturrevolution des 20. Jahrhunderts: Misstrauen gegenüber allen Autoritäten, Sensibilität gegenüber Hierarchien. Distanz zur Macht, gesundes Misstrauen gegenüber der Kirche als Institution. Wir hatten Che Guevara im Mädchenzimmer hängen und liebten neben den Beatles und Co, die linken Liedermacher: Degenhardt und Biermann und Hannes Wader: „Kokain“ oder „Heute hier morgen dort, bin kaum da bin ich fort“ oder „ich bin ein Rohr im Wind, bind dich nicht an an mich...“

Unsere Zeit kennzeichnete die Verflüssigung aller Normen und die Illusion, man könne ohne leben. Wir zelebrierten die Freiheit wovon, und wussten nicht genau wozu. Unsere Lebensrolle suchten wir in der Opposition und hatten noch keine Ahnung, dass wir eines Tages neben dem Nein, das wir trainiert hatten, auch ein Ja würden sagen müssen – unseren Kindern, den Schülern, der Gemeinde, und auf der Kanzel.
Das Analysieren hatten wir in der wissenschaftlichen Theologie – in dieser Hochzeit der Exegese und der Systematik - gelernt, wir hatten gelernt, kühl und rational den wunden Punkt, die Verlegenheit, den Bruch zu finden, aber der Gegenentwurf der eigene und ganz persönliche war eher blass.
Ich wollte eigentlich nicht Pfarrerin werden. Aber es waren die literarischen Dramaturgien des Ersten Testaments, die Familienepen, die Lieder, die Poesie und Prophetie, die meine Leidenschaft für die biblischen Texte entfachten.
Kurz. Ich blieb dort hängen und fand mich unversehens im Pfarramt wieder.
Dort auf der Kanzel genügte es dann nicht, Texte zu interpretieren, sie mussten auf das Leben der kleinen Diasporagemeinde in Goldbach oder Schongau hin gedeutet werden und sie mussten dem Anspruch der Verkündigung des Auferstandenen gerecht werden.

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