Ute Sparschuh: Ewiges Sterben, ewiges Leben

Eine Hommage an den Jugendverband


Bedeutungsverlust von Identität- stiftenden Organisationen

Sinkende (feste) Mitgliederzahlen, sinkende Relevanz für den Alltag des einzelnen Mitglieds wie für die Gesellschaft: Ja, seit Jahrzehnten schleicht der Bedeutungsverlust der Gewerkschaften, Kirchen oder Kaninchenzüchtervereine – und der Jugendverbände. Die nach wie vor mit „Individualisierung“ und „Pluralisierung“ (und Kommerzialisierung) treffend beschriebene gesellschaftliche Entwicklung führte zu kleinteiliger Diversifizierung von Interessenlagen und Entideologisierung. Kapitalisten – Werktätige, Protestanten – Katholiken, Akademiker – Proleten, Hochkultur – TV, Junge - Alte….ist nicht mehr. Individuelle Identitäten sind schillernd, finden sich nur noch selten in kontinuierlichen festen Mitgliedschaften mit persönlicher Alltagsrelevanz wieder.

Selbstorganisation – Autonom an der Kandare

Nicht zuletzt mangels anderer Freizeit-, Treff- und Enagagementangebote waren die Jugendverbände seit Entstehung vor über einem Jahrhundert lange die jugendtypische „Gesellungsform“ und je nach Wertorientierung und Aktivitäten für nahezu alle sozialen und Interessenlagen vorhanden. Mehr oder weniger einem Erwachsenenverband angehörig und von ihm unterstützt oder auch (zumindest vordergründig) völlig autonom war ihnen eines gemeinsam: Selbstorganisation in dem Sinn, dass (in der Regel jugendliche und junge) Mitglieder selbst als Gruppen- und Verbandsleitung auf den verschiedenen Ebenen aktiv waren, nicht Profis. Das galt sogar für Hitlerjugend und BdM. Die Erwachsenenverbände sicherten über Mitarbeit ihrer Funktionäre in Organen und Schulungswesen die Tradition und verhinderten die Verselbstständigung formal selbstständiger Vereinigungen. Das galt auch für die FDJ und setzte sich auch im Westen nach dem Krieg fort, gefördert durch die Demokratie-Erziehungshoffnung der Alliierten und einheimischer Politiker.
 

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Weiterlesen im Heft 2/16